Intelligente Implantate sollen Knochenheilung überwachen und steuern
Medizin
Intelligente Implantate sollen Knochenheilung überwachen und steuern
Dienstag, 28. Januar 2020
Homburg – Eine Arbeitsgruppe von Ärzten, Materialforschern, Ingenieuren und Informatikern entwickelt an der Universität des Saarlandes ein neuartiges Implantat, das bei Knochenbrüchen die Heilung überwachen und bei Fehlbelastung warnen soll.
„Nach der Operation, bei der die Bruchstücke mit einer Schiene verschraubt werden, wissen wir heute lange Zeit nur wenig über den Verlauf der Heilung. Wir können auch nicht aktiv eingreifen. Erst nach Wochen gibt ein Röntgenbild Einblick, ob der Knochen gut verheilt und ob sich neues Knochengewebe gebildet hat“, erklärt der Leiter des Projektes, Tim Pohlemann, Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums des Saarlandes.
Ein speziell auf die einzelnen Patienten zugeschnittenes Implantat soll daher nach der Operation Informationen darüber liefern, wie die Bruchstelle verheilt, und außerdem gezielt und aktiv die Knochenheilung positiv beeinflussen, indem es sich von selbst nach Bedarf bewegt oder versteift.
Die Arbeitsgruppe von Pohlemann arbeitet hierfür an der Universität des Saarlandes mit Stefan Diebels und dessen Arbeitsgruppe auf dem Gebiet der Technischen Mechanik zusammen, außerdem mit Philipp Slusallek und seinem Team am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) sowie mit Spezialisten für intelligente Materialsysteme um Stefan Seelecke am Zentrum für Mechatronik und Automatisierungstechnik (ZeMA).
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Die Forscher interessiert besonders, was bei Belastung im Frakturspalt passiert. „Wenn wir wissen, wie die Lastverteilung im spezifischen Bruch sein wird, welche Kräfte hier wirken, können wir berechnen, wie das Implantat für die individuelle Frakturgeometrie aussehen muss, oder auch, wie viele Schrauben tatsächlich an welcher Stelle notwendig sind“, erläutert Diebels.
Mit Methoden der KI und des maschinellen Lernens wollen sie aus den so gewonnenen Daten Belastungsmuster erstellen, anhand derer sie Rückschlüsse auf Heilung oder Störungen ziehen können. „Ziel ist es, die individuelle Fraktur berechenbar zu machen und die optimale Therapie für jeden Patienten zu ermöglichen“, formuliert Slusallek die Vision des Projektes. Die Werner Siemens-Stiftung investiert acht Millionen Euro in diese Forschung. © hil/aerzteblatt.de