Die CAR-T-Zelltherapie, die bei B-Zell-Malignomen langdauernde Remissionen erzielen kann, hat sich in einer neuen Variante auch beim multiplen Myelom als wirksam erwiesen
Boston – Die CAR-T-Zelltherapie, die bei B-Zell-Malignomen langdauernde Remissionen erzielen kann, hat sich in einer neuen Variante auch beim multiplen Myelom als wirksam erwiesen, wie die Publikation einer Phase-1-Studie im New England Journal of Medicine (2019; 380: 1726-1737) zeigt, deren Ergebnisse im letzten Jahr bereits auf Kongressen vorgestellt wurden.
Bei der CAR-T-Zelltherapie werden T-Zellen der Patienten im Labor mit einem chimären Antigenrezeptor (CAR) ausgerüstet, der ein bestimmtes Antigen auf den Krebszellen erkennt und die Immunabwehr darauf lenkt. Die beiden zugelassenen CAR-T-Zelltherapien sind gegen das Antigen CD19 gerichtet, das ein Merkmal von B-Zellen ist. Das multiple Myelom besteht jedoch aus Plasmazellen, die keine CD19-Antigene primieren.
Damit die CAR-T-Zelltherapie beim multiplen Myelom wirksam sein kann, müssen die CAR ein anderes Antigen erkennen. Die Forscher der US-Firma bluebird bio aus Cambridge/Massachusetts entschieden sich für das „B-cell maturation antigen“ (BCMA), das von allen Plasmazellen gebildet wird. Nachdem die präklinischen Studien gezeigt hatten, dass die Anti-BCMA Therapie mit „bb2121“ Myelomzellen zerstören kann, wurden ab Januar 2016 an mehreren US-Zentren 33 Patienten mit multiplen Myelomen behandelt. Die Patienten hatten im Mittel 7 frühere Medikamente erhalten, auf die sie allerdings nur zeitweise angesprochen hatten. Bis auf einen hatten alle Patienten auch schon eine autologe Stammzelltherapie erhalten.
Wie in einer Phase-1-Studie üblich, wurden die ersten Patienten mit einer niedrigen Dosierung behandelt, die dann bei den folgenden Patienten langsam gesteigert wurde. Nachdem mit den ersten 4 Dosierungen bereits Remissionen erzielt wurden, wurde die Dosiseskalierung abgebrochen und weitere Patienten nur noch mit 2 unterschiedlichen Dosierungen behandelt.
Wie ein Team um James Kochenderfer von National Cancer Institute in Bethesda jetzt mitteilt, wurde bei 28 der ersten 33 Patienten (85 %) eine Remission erzielt. Sie war bei 15 Patienten (45 %) komplett. Soweit untersucht, gingen die Remissionen bei allen Patienten mit einem Verschwinden der Tumorzellen aus dem Knochenmark einher, was ein gutes Vorzeichen für längere Remissionen ist.
Eine Heilung ist beim Multiplen Myelom allerdings nicht zu erwarten, und bei 6 der 15 Patienten mit einer kompletten Remission ist es inzwischen zu einem Rückfall gekommen. Die Remissionen dauerten im Durchschnitt 11,8 Monate, was Kochenderfer angesichts der Zahl der Vorbehandlungen als Erfolg verbucht. Insgesamt 6 Patienten sind laut der Studie seit mehr als einem Jahr in Remission.
Bei 85 % der Patienten kam es zu einer Neutropenie, bei 58 % zur Leukopenie, bei 45 % zur Anämie und bei 45 % zur Thrombozytopenie (jeweils Grad 3 oder höher).
Ein Zytokin-Release-Syndrom entwickelten 25 Patienten. Es war jedoch bei 23 Patienten mild ausgeprägt (Grad 1 oder 2). Neurologische Nebenwirkungen traten bei 14 Patienten auf. Darunter war nur eine schwere Form (Grad 4), von der sich der Patient allerdings nach einem Monat wieder erholte. © rme/aerzteblatt.de